Wenn die Klamydie blüht


Der Sommer kommt zu früh.
Das Jahr ist außer Atem.
Wie saure Milch schwitzt Tau
im Purpur deiner Schatten.

Dachschenkel in der Sonne
tropfen das herbe Harz.
Die nasse Brunnentiefe,
der heiße First glänzt schwarz.

Das Laub der toten Tage
liegt faul und fett und feucht:
Kost eines geilen Triebs,
der in der Erde kreucht.

Dein Garten ist am Keimen.
Jetzt platzt die Knospe auf.
Der Rittersporn steht spitz.
Das Wachsen geht im Lauf.

Die Lust, mich umzutreiben,
regt meinen schlappen Schritt.
Im Dickicht, ab vom Wege,
such ich nach festem Tritt.

Dort war ich nicht alleine,
denn Spuren deuten mir:
In einer Mulde kam
Manch anderer zu dir.

Da sprießen wohlbehütet
(von fremder Provenienz!)
ganz unentdeckte Blüten
und machen sich ’nen Lenz.

Hier steh ich gern und rieche
den kühlen Blumenduft.
Ich kriech, verzehre mich
nach dieser Grabenluft.

Ich leck den sauren Nektar.
Knabbre am jungen Stiel.
Verschling die ganze Pflanze.
Wähne mich bald am Ziel.

Ich fresse fast das Beet,
das still und heimlich lag,
und liege selbst so faul,
dass ich es kaum ertrag.

Da fährt ein spitzer Reiz
mir durch den Nerv hinein:
Der altbekannte Drang
schwelt nun durch Mark und Bein.

Nur halt ich diesmal an mich.
Pennen nur möchte ich.
Nur etwas Ruhe finden -
vielleicht gelegentlich?

Doch eine Unrast hat mich
wie Krankheit angesteckt.
Ich wache, döse, wache,
wälz mich ganz unbedeckt.

Die schwüle Nacht greift um.
Schlaf lässt sich nicht mehr finden.
Erst als der Morgen graut,
kann ich mich dir entwinden.

Vom Pflanzensaft verklebt
reib ich mir das Gesicht
und sehe rauen Auges
bloß schattenhaft das Licht.

Mit tauben Sinnen suche
ich mich zu orientieren;
klamm, kalt, der Körper zitternd,
krauch ich auf allen Vieren.

Mein Kopf ist voll gepumpt.
Das Hirn fast aufgeweicht.
Die Kehle wie ein Strick.
Mein Magen viel zu leicht.

So übergeb ich mich
der sinnlosen Natur,
spei halb verdaute Zeichen
auf Grund von Wald und Flur.

Zieh mir die Sprache aus,
um nicht an ihr zu kranken,
verstreu die schönen Worte,
vergrab alle Gedanken.

Ich wollt mich nur erinnern,
(so wenig es mich mühte,
dich schließlich zu vergessen)
dass die Klamydie blühte.